Am 27.08.24 waren wir mit unserer LAG-Tagung zu Gast in der ganz neu eröffneten B-Side in Münster. Das Zentrum steht nach mehrjähriger Vorbereitung und Bauphase ganz kurz vor der Eröffnung mit dem B-Side-Festival. Es ist auch ganz frisch die neue Heimat der Geschäftsstelle von Soziokultur NRW. Wir sind vor gut zwei Wochen umgezogen und freuen uns sehr, Teil der B-Side zu sein.

Das Interesse an der Tagung war groß. 75 Menschen aus Mitgliedszentren waren dabei und wurden von Simon Mertens von der B-Side und Heike Herold, Geschäftsführerin von Soziokultur NRW, begrüßt.

Kultur der Vielfalt gestalten I – Impulse für eine diverse und inklusive kulturelle Praxis

Matthias Gräßlin und Nicole Zielke von der Theaterwerkstatt aus Bielefeld stellen sich und die Historie der Theaterwerkstatt vor. Sie führen in Ihre Arbeit ein. Die Arbeitsweisen werden durch die Begriffe Volxkultur und Ästhetik der Vielen geprägt, die einen künstlerischer Ansatz für eine offene Gesellschaft repräsentieren. Darum wird in der Theaterwerkstatt nicht „nur“ gespielt und produziert, sondern – sonst wären sie ja auch nicht Mitglied von uns – es wird geforscht, debattiert und geschrieben über inklusive und diverse Kulturarbeit. Eine kleine Forschungsreise wird auch heute gemeinschaftlich erlebt.

Im Folgenden machen Matthias und Nicole Diversität in einer Performance sicht- und spürbar. Grenzen und Ausschlüsse der Raumgestaltungen werden ebenso thematisiert, wie Zusammgehörigkeits- und Gruppengefühle. In einer Auseinandersetzung mit sich selbst und den anderen erspüren die Teilnehmenden den Raum und schaffen am Ende eigene Raumkonstruktionen und One-Minute-Skulpturen aus sich und sehr vielen Stühlen.

Kultur der Vielfalt gestalten II – Ein Haus, ein Kollektiv, eine gute Idee

Als offener Ort versteht sich auch die B-Side, ein Ort, der von vielen Menschen selbstorganisiert entwickelt, gestaltet und verwaltet wird. Vertreten wird die B-Side durch Simon, Tim, Mali, Gesa und Claudia. Mit über 100 ehrenamtlichen Helfer*innen wird hier die Soziokratie 3.0 gelebt und ausgehandelt. Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte, das Konzepts und die Struktur der B-Side, wird ein Einblick in einige der selbst verwalteten Kreise der B-Side gegeben.

Nach diesem inhaltlichen Überblick wurde das neu eröffnete Haus am Mittelhafen 42 in vier Gruppen auf einer Hausführung erkundet. Neben dem neuen Veranstaltungsraum wurden noch das Quartierswohnzimmer mit Gastrobereich und angrenzenden Seminarräumen, die große Dachterrasse, der Bewegungsraum, die Werkstatt, einige Räume der festen Mieter*innen und die Allmende-Küche besichtigt.

Neuaufnahme: Ostblock – Kulturhaus Bielefeld e.V.

Julia und Stephan vom Ostblock haben ihr Zentrum bereits bei einer früheren Tagung vorgestellt. Heike und Christiane haben das Zentrum vor Ort besucht und berichten von der aktiven und lebendigen Atmosphäre dort. Sie empfehlen die Aufnahme des Zentrums in den Verband. Die anwesenden Mitglieder schließen sich dieser Einschätzung an und sind einstimmig für die Aufnahme. Wir gratulieren herzlich – willkommen bei Soziokultur NRW, liebe Kolleg*innen!

Informationen aus der Geschäftsstelle

Unsere Programmreferent*innen Lea, Carsten und Hendrik geben einen Überblick über die Entwicklung der Förderprogramme seit 2019. Die Antragszahlen sind stark angestiegen und entsprechend ist auch der Aufwand für Beratung und Begleitung der Antragsteller*innen und Geförderten gewachsen. Gleichzeitig sinkt die Erfolgsquote bei der Antragsstellung – was auch Konsequenzen auf die Arbeit unserer Mitgliedszentren hat. Denn die Erfahrung lässt sich auf auf Programme anderer Träger übertragen. Das ist eine problematische Entwicklung und dringend wird auf die Ausschreibung der Konzeptförderung gewartet (Nachtrag: Die Konzeptförderung ist seit dem 01.09.2024 ausgeschrieben!) Die Strukturförderung als neues Förderinstrument kommt laut Aussagen des Kulturministeriums im Juni 2024 leider erstmal nicht…

Über DIE VIELEN, das Neutralitätsgebot usw.

DIE VIELEN haben sich dieses Jahr in NRW neu gegründet und Susanne Niemann von PACT Zollverein als Teil des Bündnisses berichtet per Videoschalte von den Ansätzen und Aktivitäten. Es sind auch einige Zentren beteiligt, insgesamt sind es mehr Einrichtungen der freien Szene. Gefragt wird nach der Position und die Mitwirkung der großen Einrichtungen.

Auf die Vermietung von Räumen der Philharmonie in Essen an die AfD reagierte das Bündnis „Mut machen – Steele bleibt bunt“ mit einem offenen Brief. Sie rufen darin auf, “öffentlich Stellung zu beziehen, den protestierenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Theater und Philharmonie den Rücken zu stärken und ein deutliches Zeichen für eine offene, vielfältige, bunte und diskriminierungsfreie Kulturpolitik zu setzen.“ Es gibt eine angemeldete Demonstration am 05.09.2024.

Über das sogenannte Neutralitätsgebot wurde auf den LAG-Tagungen schon häufiger diskutiert. Ein sehr interessantes Gutachten wurde gerade u.a. von der Amadeu Antoni Stiftung herausgegeben. Es bezieht sich besonders auf die öffentliche Förderung zivilgesellschaftlicher Organisationen und ihre Rechten und Pflichten. Zum Thema Kulturförderung und Neutralitätsgebot wird der Kulturrat NRW im November für seine Mitglieder und Partner*innen eine Veranstaltung mit dem Juristen Prof. Dr. Friedhelm Hufen anbieten. Wir sind dabei!

Lage der Zentren – Fördersituation in Kommunen, im Land und im Bund

Der Schock nach den Kürzungsszenarien im Haushalt der Beauftragten für Kultur und Medien des Bundes mit Fokus auf die freie Szene (beroffen sind alle Kulturfonds und auch der Bundesverband Soziokultur) sitzt tief. Eine große Welle von Stellungnahmen hat die Staatsministerin wie die Kulturpolitik erreicht. Im Hintergund laufen viele Gespräche. Auch die Soziokultur hofft auf die Korrektur dieser Ankündigungen, denn reihum berichten die Zentren von einer massiven Erfahrung: Viele Anträge werden gestellt, viele nicht bewilligt, sodass liquide Mittel für innovative Projekte fehlen. Das Land versucht Kürzungen in 2025 mit Mitteln aus dem Stärkungspaket abwenden können. Aber Projekte wie die Strukturförderung für die Soziokultur werden derzeit nicht realisiert. Der Vorstand von Soziokultur NRW ist derzeit sehr eng im Austausch über Gespräche auch mit der Kulturpolitik. Vor Ort in den Kommunen argumentieren die Zentren mit umfassendem Programm, niederschwelligen und aufsuchenden Angeboten bei gleichzeitigem Engagement die Eigenerwirtschaftungsquote nach den Corona-Auswirkungen wieder zu verbessern.

Schlussendlich…

Wir bedanken uns herzlich beim Team der B-Side, das die erste Tagung in ihrem neuen Zentrum mit Bravour gemeistert hat – toll war’s! Wir freuen uns, mit euch zu sein!

Wir bedanken uns außerdem bei allen Teilnehmer*innen und Beitragenden für einen spannenden und unterhaltsamen Tag!


Foto 1: Laura Windheuser / B-Side
Fotos 2-11: Gerd ter Veen / Soziokultur NRW