Jochen Molck über die 9. Nachhaltigkeitstagung NRW 

Unter dem Motto „Gemeinsam. Nachhaltig. Handeln“ fand am 11.09. im Düsseldorfer Landtag die 9. Nachhaltigkeitstagung NRW statt. Geladen hatte der Präsident des Landtags, gelabelt war die Tagung als Dialogauftakt für die Fortschreibung der NRW-Nachhaltigkeitsstrategie. Die rund 500 Teilnehmer*innen kamen aus Ministerien, Politik, Verbänden, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und einige wenige auch aus der Kultur. 

Prominente Besetzung

Die Tagesordnung war eng getaktet und die Podien prominent besetzt, u.a. sprachen: Umweltminister Oliver Krischer, Sarah Ryglewski (Staatsministerin beim Bundeskanzler für nachhaltige Entwicklung), Markus Lewe (Oberbürgermeister der Stadt Münster und Vorsitzender des NRW-Nachhaltigkeitsbeirats), Prof. Dr. Eckard von Hirschhausen (Arzt und Wissenschaftsjournalist sowie Mitglied des NRW-Nachhaltigkeitsbeirats), Dr. Heide Naderer, (Vorsitzende des Nabu NRW und Mitglied im NRW-Nachhaltigkeitsbeirat), Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick (Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Institut und Mitglied im NRW-Nachhaltigkeitsbeirat), Katja Dörner (Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn). Zwei Punkte hob Umweltminister Krischer hervor, die bei der Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie wichtig seien: wissenschaftliche Impulse und breit angelegte Partizipation. 

Konkretes Handeln ist gefragt

In einem ersten Block ging es vor allem um die Generationengerechtigkeit. So wurden die Ergebnisse des Jugendbeteiligungsprojekts #MitmischenNRW vorgestellt und diskutiert. Darin wurden 115 konkrete Forderungen zu den 17 globalen Nachhaltigkeitszielen aus Sicht der jungen Generation aufgestellt – von einer Senkung des Wahlalters über autofreie Innenstädte bis zur gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik (inkl. Vergesellschaftung von Wohneigentum). Eingefordert wurden vor allem aber mehr Tempo sowie verbindlichere Ziele. 

Die Vorsitzende des Nabu NRW, Heide Naderer, machte in ihrem Statement noch einmal deutlich, dass allgemein reden über Nachhaltigkeit zwar nett sei, es aber auf das konkrete Handeln ankomme. Sie nannte auch gleich einige der konkreten Themen aus NRW: Kiesabbau, Dienstwagen, Tempolimit. 

Stimmen der Politik

In 25 Minuten sollten dann fünf Mitglieder des Landtags (inkl. der AfD) ihre Positionen und Prioritäten zur NRW-Nachhaltigkeitsstrategie darlegen. Kein Wunder, dass es bei Allgemeinplätzen wie „wir müssen alle mitnehmen“ oder „regelmäßiges Monitoring“ blieb und eine echte Diskussion um unterschiedliche Schwerpunktsetzungen nicht zustande kam. Nur der AfD-Mann (studierter Rechtswissenschaftler!) nutzte seine Redezeit zur Provokation in Richtung „Klimawandel hätte es schon immer gegeben“, da müsse man sich nicht prioritär mit beschäftigen. 

Input, Input, Input

Wohltuend klar äußerte sich hingegen Eckhard von Hirschhausen mit seinem Statement. „Es ist schwer, ehrenamtlich die Welt zu retten, wenn Leute diese hauptberuflich zerstören“, so Hirschhausen. Trotzdem bleibe er Optimist, denn wir wüssten alles Wichtige über den Klimawandel, die Lösungen seien bekannt und die Fachleute sich einig, aber wir fühlten es noch nicht.  Es fehle die klare Vorstellung, wo wir hinwollen – klar sei nur, dass es nicht so weitergehen könne wie bisher. Das verunsichere Menschen, aber „Naturgesetze gelten nun mal, auch wenn wir in der Schule Physik abgewählt haben“ – was er dann an wenigen griffigen Beispielen aus der Medizin belegte. 

Im Workshop zu „Kunst – Kultur – Design: Kreativität und Ästhetik für Nachhaltigkeit“ gab es dann ebenfalls viel Input und ein paar allgemeine Erkenntnisse: 62 Prozent der Bundesbürger*innen kennen die 17 SDG überhaupt nicht, nur 7 Prozent können sie genau beschreiben. Die Analyse der Klimabilanzen von Hamburger Kulturinstitutionen hätte ergeben, dass etwa 75 Prozent der CO2-Emissionen durch den Publikumsverkehr entstehen würde. Kultur würde den öffentlichen Raum für Werteverhandlungen bieten, und die Kunst sei doch per se Spezialistin für Widersprüche. Kolleg*innen vom Pina-Bausch-Zentrum (Wuppertal), Pact Zollverein (Essen), von der Agentur Ökorausch und der Universität Wuppertal stellten ihre Good-Practice-Beispiele vor, und lediglich die letzten 10 Minuten blieben dann für Anmerkungen und Diskussion unter den rund 50 Teilnehmer*innen – nicht gerade sehr partizipativ.

Im Foyer des Landtags gab es einen Markt der Möglichkeiten mit Infoständen der beteiligten Organisationen, mit viel aufwändig gedrucktem Papier und bunten Stofftaschen. Abschließend folgte ein Poetry Slam sowie eine Zusammenfassung des Umweltministers. 

Und nun? Ein Fazit

Das ein oder andere interessante Gespräch hat sich ergeben, die meisten Forderungen und Appelle blieben im Allgemeinen, immer wieder gab es Relativierungen und die Vermeidung konkreter Verabredungen und verbindlicher Zeitpläne. Viel Input, wenig zugespitzte Diskussion und die Frage, warum es denn so schleppend vorangeht mit der Nachhaltigkeit, blieb ausgeblendet. Ob die Tagung ein Meilenstein zu einer Durchsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie in NRW war, wage ich zu bezweifeln. Es ist gut, miteinander zu reden. Aber auf das Handeln kommt es an. 

Programm und Agenda der Tagung finden sich hier