Ein Bericht von Jochen Molck 

Wie gelingt es der Kultur, wirksam in die ökologische Nachhaltigkeitspraxiszu starten? Was sind die entscheidenden Schritte, um vom Wissen zum Handeln zu kommen? Diese Fragen standen im Zentrum des Fachtags der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel, der am 24.03. in Hannover stattfand.

„Wir wissen viel, aber Wissen allein reicht nicht, um ins Handeln zu kommen.“ So eröffnete Paulina Fröhlich vom Thinktank Das Progressive Zentrum die Tagung der Bundesakademie Wolfenbüttel. „Wir brauchen auch die Superkraft von Kunst und Kultur.“ Politik und Wissenschaft allein könnten das nicht leisten. Kosten und Lasten ließen die Menschen zweifeln, es brauche auch das Fühlen, so Fröhlich in ihrem Plädoyer fürs Loslegen in Sachen Nachhaltigkeit. Gerade Kulturangebote könnten den Gap zwischen objektiver Notwendigkeit und subjektivem Tun überbrücken und Menschen motivieren, in Bewegung zu kommen.

Dass das Thema Nachhaltigkeit auf den Prioritätslisten der meisten Kultureinrichtungen in der letzten Zeit eher nach unten gerutscht ist, war auch den Organisator*innen der Tagung bewusst. Deshalb ging es vor allem um niedrigschwellige Maßnahmen, um trotz aller anderen drängenden Themen vom Wissen ins Handeln zu gelangen.

Checklisten und CO2-Rechner in der Praxis

Ein gutes Beispiel dafür ist die Stiftung Niedersachsen: Sie erarbeitete in Kooperation mit Nachhaltigkeitsexpert*innen aus ganz unterschiedlichen Kulturbereichen – auch der Soziokultur – die Checkliste Ökologische Nachhaltigkeit. Sie wird als freiwillige Selbstverpflichtung in alle Förderprogramme der Stiftung integriert. Die Checkliste soll Impulse auslösen, ohne großen Aufwand einheitlich den aktuellen Status quo zu dokumentieren, so die Projektleiterin Daniela Koß. Ein Entscheidungskriterium für die Vergabe von Projektmitteln ist sie ausdrücklich nicht. Die Speicherung der Daten erfolgt lokal auf den Rechnern der Kultureinrichtungen, nicht zentral. Das Open-Source-Programm wird von der Stiftung technisch betreut und steht allen Förderinstitutionen kostenfrei zur Verfügung. Das Ausfüllen der Checkliste nimmt ca. 20 Minuten in Anspruch und umfasst alle relevanten Bereiche der Kulturproduktion. Anders, als bei anderen CO2-Rechnern, wird nicht konkret gemessen, sondern der Stand der Entwicklung von Nachhaltigkeit eingeschätzt.

Aufwendiger ist Anwendung des bundeseinheitlichen CO2-Rechners KBK/KBK+, den die Anlaufstelle Green Culture entwickelt hat. Getreu dem englischen Sprichwort „what you measure, you will manage“ gilt die kontinuierliche CO2-Bilanzierung als wichtiges Tool und Grundlage für bessere Nachhaltigkeit. Im Workshop in Hannover wurde anschaulich demonstriert, wie auch kleinere Einrichtungen damit arbeiten können. Anders als bei der Checkliste geht es hier um real gemessene Verbräuche, gefahrene Kilometer und eingekaufte Waren. Nur bedingt möglich ist der Vergleich mit anderen Einrichtungen, interessant aber die Entwicklung der eigenen Organisation im Jahresvergleich. Fazit des Workshops: Einfach mal anfangen!

Andere Workshop-Themen waren die Praxisansätze der Kreislaufwirtschaft und der Gemeinwohlökonomie, mit denen nachhaltige Organisationsentwicklung gefördert und Nachhaltigkeit im Arbeitsalltag konkret sichtbar gemacht werden können. Auch die dringend nötige Kommunikation rund um das Thema wurde angesprochen, denn Transformationen sind komplexe und emotionale Prozesse, die häufig mit Widerständen verbunden sind.

Ökologische Sanierung braucht gute Rahmenbedinungen

Nicht nachgefragt und diskutiert wurden in Hannover die kulturpolitischen Rahmenbedingungen. Die Notwendigkeit groß angelegter Investitionen in Nachhaltigkeit im Kulturbereich ist zwar überwiegend erkannt, mittlerweile gibt es auch viele gut ausgebildete Transformationsmanger*innen und Nachhaltigkeitsexpert*innen. Doch es fehlen entsprechende Förderprogramme auf allen Ebenen, und vorhandene Programme werden z. T. sehr schleppend abgewickelt. Einzelne positive Beispiele verdecken, dass es gerade in den Kommunen oft bitter aussieht, wenn es um die ökologische Sanierung in die Jahre gekommener Kulturbauten geht. Eine 40 Jahre alte Heizungs- und Lüftungsanlage oder ein marodes Dach lassen sich nun mal nur mit erheblichen Finanzmitteln sanieren, nicht durch Verhaltensänderung oder intelligente Heizungssteuerung.

Motivation allein reicht nicht aus, und wie die Superkraft Kultur denn nun genau wirken kann, konnte auch auf dieser Tagung nicht endgültig geklärt werden.