Anfang August 2024 führt das Land NRW eine Honoraruntergrenze in zwei Programmen der kulturellen Bildung ein. Ab 2026 sollen dann in allen Kulturförderprogrammen des Landes Mindesthonorare gezahlt werden. Das Land hat sich im Kulturgesetzbuch auch dazu verpflichtet.

Kulturelle Bildung findet spartenübergreifend statt und ist wegen ihrer partizipativen Ansätze demokratiefördernd. Viele Teilnehmenden erleben diese Angebote als persönliche Bereicherung, weil sie Neues lernen und zugleich Selbstwirksamkeit erleben. Es ist also eine gute Entscheidung, Programme wie „Kultur und Schule“ und „Künstler*innen in die Kita“ so auszustatten, dass die mit der Durchführung betrauten Künstler*innen endlich angemessen bezahlt werden können.

Die Honorarregelung soll ab 2026 flächendeckend eingeführt werden. Das ist eine wichtige kulturpolitische Entscheidung. Diese hat aber Auswirkungen, über die sich Kultur, Politik und Verwaltung im Klaren sein müssen:

Kleinere Häuser können sich Projekte immer weniger leisten

Steigen die Honorare, wachsen gleichzeitig auch die Eigenanteile für Projektmittel, die beantragt werden. Nur noch gut aufgestellte, meist institutionell geförderte Häuser können sich die Zusammenarbeit oder Kooperationen mit professionelle Künstler*innen leisten. Künstlerische Qualität wird dann immer mehr zu einer Entscheidung des Etats.

Ein Nachsehen haben auch die Mitarbeitenden in den Einrichtungen der Freien Szene, die oftmals selbst unter prekären Bedingungen arbeiten – die Stundenlöhne driften immer weiter auseinander. Diese Situation müsste parallel durch strukturelle Förderung der Einrichtungen kompensiert werden. Gespräche von Soziokultur NRW hierüber mit dem Land wurden kürzlich aus haushalterischen Gründen vertragt.

Der bürokratische Aufwand bei der Prüfung von Förderanträgen steigt.

Den Honoraruntergrenzen liegt eine Matrix mit verschiedenen Honorarregelungen für die beteiligten Künstler*innen zugrunde, die nach Kunstsparten, Tätigkeiten und Hausgröße unterscheidet. Das hat zur Folge, dass Anträge im Vorfeld einer Auswahl und nach Abrechnung intensiver geprüft werden müssen. Dieser Aspekt ist für die Soziokultur besonders relevant, denn hier arbeiten oftmals verschiedene Berufsfelder aus unterschiedlichen Sparten zusammen. Der Aufwand ist es sicher wert, sollte aber bedacht werden. (Die Matrix ist bisher nicht bekannt. Die Soziokultur war bei der Befragung im Vorfeld auch nicht beteiligt.)

Ohne angemessene Erhöhung des Kulturhaushalts können weniger Projekte gefördert werden. Darunter leidet auch die Diversität.

Wenn im Jahr 2026 verbindliche Honoraruntergrenzen eingeführt werden, sind zusätzliche Fördermittel nötig. Denn ohne sie würde der Druck auf die Künstler*innen größer: Während einige von ihnen besser und fairer gefördert werden, erhielten andere keine Förderung mehr. Nach den vielen Anstrengungen bei allen beteiligten fördermittelausgebenden Stellen, die Kulturförderung zugänglicher zu machen und diverser zu gestalten, fände hier also ein Rückschritt statt. Statt Solidarität wird Konkurrenz unter den Künstler*innen befördert.

Wer außerdem leidet, sind die Zielgruppen wie Kinder, Senior*innen usw., die in den Projekten erreicht werden sollen. Denn ohne zusätzliche Mittel für die kulturelle Bildung wird weniger Angebote geben.

Heike Herold, Soziokultur NRW