Beitrag von Georg Halupczok in der SOZIOKultur 3/2023 ||

Die Situation soziokultureller Einrichtungen und Initiativen ist durch eine Vielzahl von Herausforderungen gekennzeichnet. In der Nach-Coronazeit stellt sich die Rückkehr zum gewohnten Alltag schwieriger dar als gedacht, etliche Einrichtungen müssen mit den Nachwehen des Generationenwechsels klarkommen, die Digitalisierung und der Handlungs- und Erlebnisraum „Digitalität“ bringen neue Anforderungen für die Macher*innen. Die Transformation zum nachhaltigen Kulturbetrieb muss gestemmt werden. Der auch in vielen anderen Branchen spürbare Fachkräftemangel macht vor der Soziokultur nicht halt. Und schließlich muss die finanzielle Basis der Einrichtungen, insbesondere, was ihre institutionelle Absicherung jenseits zeitlich befristeter Projektförderungen angeht, nach wie vor häufig als katastrophal angesehen werden. Die anhaltend hohe Inflation und gestiegene Energiekosten sind weitere Belastungen für Einrichtungen und Initiativen.

Trotz dieser nicht sonderlich rosigen Rahmenbedingungen haben sich die soziokulturellen Einrichtungen und Initiativen als ausgesprochen resilient erwiesen. Wir erleben die Soziokultur nach wie vor als ein dynamisches, optimistisches und an den Interessen und Bedürfnissen breiter Kreise der Bevölkerung orientiertes kulturelles Handlungsfeld. Mit Fantasie und Kreativität werden Ziele formuliert und Strategien zum Erreichen dieser Ziele entwickelt. Neue Methoden werden ausprobiert – die Lust am Experiment ist Merkmal zukunftsorientierten Handelns.

Auf der anderen Seite müssen wir uns der Frage stellen, welche gesellschaftliche Relevanz unsere Arbeit hat. Wie setzen wir denn unseren Grundsatz und unsere Überzeugung, einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leisten, im Alltag um? Populistische und eindeutig rechtsradikale Positionen nehmen in der Gesellschaft deutlich zu und werden in immer größeren Kreisen der Bevölkerung gesellschaftsfähig. Die Betonung eines gesellschaftlichen Ordnungsmodells mit klaren Hierarchien und der Begrenzung vielfältigerer Lebensformen; Weltbilder, die sich gegen sozial Schwache und gegen Minderheiten insgesamt richten; die nationalistische Postulierung einer „deutschen Kultur“ verbunden mit der Überzeugung, einen „Kulturkampf“ zu führen – all das kennzeichnet diese politischen Einstellungen. Und sicher ist: Soziokulturelle Einrichtungen und Initiativen stehen im Feindbild dieser rechten Bewegung ganz vorne.

Bei der Entwicklung unserer Zukunftsstrategien sollten wir uns diesen Tendenzen stellen und adäquat darauf reagieren. Eine demokratische Gesellschaft ist offen für den Dialog und den Austausch von unterschiedlichen Meinungen und Ideen. Dazu braucht es Orte des gesellschaftspolitischen Diskurses. Hier können wir mit unseren Einrichtungen und Initiativen eine wichtige Rolle spielen. Etliche von uns haben ja bereits Erfahrungen in diesem gesellschaftlichen Handlungsfeld gemacht, auf die zurückgegriffen werden kann. Wobei klar ist, dass es nicht die eine Lösung gibt. Auch hier sind Fantasie und Kreativität gefragt, um neue Zielgruppen anzusprechen und Strategien zu entwickeln, die einen breiten gesellschaftspolitischen Diskurs vor Ort möglich machen.

Und noch eins ist klar: Diesen „Demokratieeinsatz“ gibt es nicht zum Nulltarif. Die Arbeit soziokultureller Einrichtungen und Initiativen ist keine „freiwillige“ Aufgabe, die je nach Kassenlage öffentlicher Haushalte mal mehr oder weniger schlecht finanziert wird. Wertschätzung dieser Arbeit alleine reicht nicht aus. Eine dauerhafte, verlässliche und nachhaltige Finanzierung der soziokulturellen Strukturen ist unerlässlich und unter den gegebenen Bedingungen mehr als überfällig.


Georg Halupczok ist Kulturberater und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Soziokultur e.V.

Die Ausgabe 3/2023 des Magazins SOZIOKultur zum Thema Strategien findet sich hier zum Download.