„Vergangene Woche haben wir besorgt zur Kenntnis genommen, dass bei der Kulturwelle WDR 3 ab Anfang März 2021 unter der Woche alle festen Programmplätze für die Literatur wegfallen. Betroffen sind: die tägliche Buchrezension in der Sendung Mosaik, das Mosaik Samstagsgespräch (mit Kulturschaffenden, darunter oft Schriftstellerinnen und Schriftsteller), das Lesezeichen und das Gedicht. Angekündigt wurde auch, dass literarische Themen nur noch unregelmäßig ins Programm genommen werden, wenn sie „aktuelle“ Bezüge erlauben und „gesprächswertig“ erscheinen.
Die Stellungnahme von WDR 3-Programmchef Matthias Kremin auf wdr.de haben wir mittlerweile zur Kenntnis genommen. Es ist aus unserer Sicht nichts dagegen einzuwenden, Literatur zu verschiedenen Zeiten im Programm von WDR 3 vorkommen zu lassen und damit sogar ggf. mehr Literaturthemen ins Programm zu heben. Wir werden das sehr genau beobachten und nachprüfen. Mehr Flexibilität darf nicht dazu führen, dass seriöse Literaturkritik abgebaut wird!
Wozu Herr Kremin sich nicht äußert, ist die Absicht, die Berichterstattung über Bücher und literarische Themen danach zu richten, was aktuell und „gesprächswertig“ ist. Es steht zu befürchten, dass bei WDR 3 nur noch laufen soll, was auch überall anders zu lesen, zu hören und zu sehen ist und dem Publikum bereits bekannt war. Mit Entdeckungen jenseits des Mainstreams wird so nicht mehr zu rechnen sein. Bücher kleinerer Verlage oder noch unbekannter Autorinnen werden nicht mehr vorkommen. Das wäre ein harter Verlust für die Literaturszene im Allgemeinen und der in NRW im Besonderen, den wir nicht hinnehmen können.
Als LiteraturRat NRW stehen wir für die Literaturszene in Nordrhein-Westfalen. Zu uns gehören die Literaturhäuser und die Literaturbüros, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels NRW und der Verband der Schriftsteller, der Verband der Bibliotheken in NRW, Literaturvereine und literarische Gesellschaften. Die angekündigte Verengung des literarischen Spektrums auf den Mainstream, auf Bestsellerlisten und womöglich Starautorinnen, halten wir für schädlich. Wir fordern die Programmleitung von WDR 3 auf, die Literatur weiterhin in ihrer ganzen Bandbreite im Programm wiederzugeben!
Ebenfalls erwähnt Herr Kremin die Streichung des Lesezeichens und den Wegfall der samstäglichen Gesprächsstrecke nicht. Nur vage äußert er sich dazu, was aus dem Gedicht werden soll. Diese Programmplätze sind für die Sichtbarkeit, aber auch als Einkommensquelle (Lizenzgebühren) von Autorinnen und Autoren existenziell wichtig. Und zwar gerade im linearen Programm. Diese Repräsentationsmöglichkeiten für die Schreibenden in NRW müssen erhalten bleiben!
Bereits im November mussten wir erfahren, dass WDR 5 sein Aushängeschild, den Literaturmarathon, abschaffen und die Sendung Ohrclip halbieren wird. Auch das möchten wir nicht einfach akzeptieren. Wir würden uns freuen, wenn die WDR 5-Wellenleitung unser Angebot annehmen und uns einladen würde, bei der Konzeption von alternativen Formaten unterstützend mitzuwirken. Beim LiteraturRat NRW sind die literarischen Netzwerke des Landes, das literaturgebiet.ruhr, literaturland westfalen und Literatur Rheinland verortet. Darin sind zahlreiche potenzielle Partnerorganisationen und alle regionale Expertise versammelt, die der WDR bei der Regionalisierung von Literaturformaten brauchen wird.
Gegen flexible Programmgestaltung ist nichts einzuwenden. Aber die Literatur in ihrer ganzen Bandbreite muss weiterhin einen festen Platz im WDR-Programm haben. Wir sind jeder Zeit bereit, ein Gespräch mit dem Sender zu führen.“
Stellungnahme als PDF
Michael Serrer, Vorsitzender LiteraturRat NRW, für den Vorstand
Dieser Erklärung schließen sich an:
Gerhart Baum, Vorsitzender Kulturrat NRW
Reinhard Knoll, Präsident Landesmusikrat NRW