Was tun, wenn die etwas in die Jahre gekommene Lichttechnik erneuert werden muss? Auf welche Technik soll man setzen? Brauche ich Riesensummen oder geht es auch preiswerter? Was bedeutet eigentlich LED-Technik genau? Gibt es Standards, auf die zu achten ist? Welche?

Wir haben mit Horst Mühlberger gesprochen, vielbeschäftigter Lichtdesigner und Lichttechniker mit langer Berufserfahrung an vielen Häusern der Republik. In diesem Gespräch geht es aber nicht um seine sehenswertesten Lichtinszenierungen (schade eigentlich), sondern darum, wie man es auch auf kleinen Bühnen (und vor allem denen mit geringem Lichtraumprofil – was bitte?) schafft, professionelles Licht zu setzen. Eines, das dem/der Zuschauer*in kein Flackern in den Augen beschert und die Darsteller*innen nicht erblinden lässt oder sogar grillt. Richtig gutes Licht eben. Krasse Blacks, Dimmen, Farbverläufe ohne Zuckeln, auf 100% in Millisekunden … so etwas.

Was ist denn eigentlich ein Lichtraumprofil?

(lacht) Das hat mit Licht gar nichts zu tun. Das ist die lichte Höhe über einer beliebigen Fläche, zum Beispiel die über einer Bühne. Da gibt es ja Riesenunterschiede: Stadttheater mit Bühnenhaus von oft mehr als 15 Metern Höhe oder Kleinkunstbühnen, wo man als 1,90m-Mensch kaum stehen kann, ohne an die Decke zu ticken.

Und das ist wichtig zu wissen?

Wenn man sich Gedanken über Lichttechnik macht schon. Oder besser gesagt, wenn man plant, zu modernisieren oder eine Bühne neu einzurichten. Viele Bühnen wurden vor etlichen Jahren eingerichtet, da hängen viele Lampen mit Leuchtmitteln, die mal gerade 10% der gesamten Energieaufnahme in Licht verwandeln, der Rest ist Hitze. Und wenn man dann auf der Bühne direkt darunter oder davor steht, da wird einem echt warm. Sieht natürlich bei Rockmusik gut aus, so ein verschwitzter Gitarrist. Bei einem Kammerspiel oder einer Lesung ist das dann eher kontraproduktiv. Da beginnt das Publikum mitzuleiden. Und wenn es lange genug dauert und der Raum eher klein ist, auch mitzuschwitzen. Außerdem brummen diese Dinger gerne, wenn sie runtergedimmt sind. Stört. LEDs werden viel weniger warm und sind erheblich leiser.

Stimmt wohl. Aber ich finde, dass diese „alten Lampen“ ein sehr schönes Licht machen, man kann sie stufenlos dimmen und so zum Beispiel aus einem vollkommenen Black heraus superlangsam Licht auf die Szene bringen. Und man kann mit Farbfiltern jedwede Stimmung erzeugen, man kann das Licht scharf abgrenzen, sehr punktuell beleuchten und was alles sonst noch.

Stimmt auch. Aber überleg mal als Beispiel: Ein Theaterstück mit acht Farbwechseln mit jeweils knapp bemessenen drei Scheinwerfern, drei punktuell notwendigen Spots, alles über einer Grundstimmung, für die du, sagen wir mal, bei 8m Breite auch vier Fresnells brauchst. Das sind dann 8 Mal drei plus die drei Spots plus die vier Fresnells für die Grundstimmung: 31 Lichtquellen. Wenn du die alle einzeln ansteuern willst, brauchst du 31 Kanäle und natürlich 31 Schuko-Strecken, das wird schon eng. Wenn du die 8 Farbstimmungen zusammenfasst, die 4 Scheinwerfer für die Grundstimmung würde ich immer getrennt halten, plus die 3 Spots brauchst du immer noch 15 Kanäle. Das haben die meisten kleinen Bühnen nicht. Das wären mindestens 4 Vierkanal-Dimmer-Packs. Und ‘ne Menge Schuko-Verbindungen.

Du meinst, das kann man alles durch LED-Scheinwerfer ersetzen?

Das würde ich so nicht sagen. Man sollte überlegen, in welchen Fällen LEDs hilfreich oder sogar besser sind. Dazu kommt auch, dass die Leuchtmittel herkömmlicher Scheinwerfer nach einer gewissen Zeit ausfallen und ersetzt werden müssen, und die sind nicht billig. Das spart man bei LEDs.

Was ist denn eigentlich der Unterschied genau?

Die Art, wie das Licht erzeugt wird. Die üblichen Halogenbirnen erzeugen ein weißes Licht, das dann durch vorgesetzte Filter farblich beeinflusst wird. Bei den LEDs ist das anders: Wenn du von vorne draufguckst, siehst du viele verschiedenfarbige LED-Lämpchen. Bei den günstigen sind das rote, grüne und blaue: RGB. Wenn alle zusammen angesteuert werden, ergibt das Weiß, aber ein eher flaches, nicht reines Weiß. Gesichter wirken da oft fahl und konturlos. Wenn man nur eine Wand oder Architekturdetails beleuchten will, um eine interessante Raumstimmung zu erzeugen, ist das voll okay. Und die gibt es schon sehr, sehr günstig. Für szenische Bedürfnisse eignen die sich aber nicht.

Also dort dann doch: Halos!

Nein, nein. Andere LEDs. Weißt du, warum die Tomate rot ist?

Ich denke doch: Weil sie reif ist. Aber das meinst du nicht, oder?

Nein, das meine ich nicht. Die Tomate ist rot, weil das Licht, das sie erreicht, von der Tomatenoberfläche reflektiert wird, einige Anteile des Lichtspektrums werden dabei allerdings nicht reflektiert, sondern sozusagen geschluckt, und nur die Anteile des Lichts, die der Farbe Rot entsprechen, werden zurück in unsere Augen geworfen. Wenn diese Anteile aber bei der bestrahlenden Lichtquelle fehlen, dann ändert sich die Farbe der Tomate, und zwar nicht zum Besten. Auf einmal sieht sie nicht mehr so lecker und natürlich aus, sozusagen.

Was tun?

Die guten LEDs besorgen. Die haben nicht nur RGB, sondern zusätzlich W, das bedeutet White, also Weiß. 4 LED-Kanäle. Das ist wichtig.

Was bedeutet das mit den LED-Kanälen? Gibt es mehrere pro Lampe?

Pro Scheinwerfer. Ja. Ich muss jetzt etwas umfassender erklären: Die LED-Scheinwerfer haben wie gesagt mehrere, farblich unterschiedliche Einzel-LEDs. Also entweder drei oder vier verschiedene Farben. Die müssen also jeweils separat angesteuert werden, also entweder mit drei oder mit vier Kanälen. Das Mischungsverhältnis bestimmt dann letztlich den farblichen Output. Vorteil: Man kann also innerhalb des LED-Scheinwerfers die Farben wechseln, man braucht also für Farbwechsel nicht mehrere Scheinwerfer.

Wie steuert man die denn an?

Logisch: Mit einem Mischpult. Allerdings muss das ein digitales Pult sein. Angeschlossen werden die Scheinwerfer über ein mehradriges Steuerkabel, dabei müssen sie aber jeweils extra versorgt werden mit Strom (AC/DC) per Schukostecker. Da gibt es dann verschiedene Anwenderlösungen: Man kann sie mit langen Strippen versorgen oder aber man nutzt z.B. T-Bars, das sind Aufhängevorrichtungen, die im Prinzip gleichzeitig Mehrfachsteckdosen sind, meistens gibt es da drei bis vier Schukostecker.
Die Steuerkabel (vom Mischpult zu den Scheinwerfern) sind sehr leicht und daher weitaus praktischer als bei der alten Methode, wo zu jedem Scheinwerfer eine Extrastromleitung gelegt werden muss. Zudem kann man die verschiedenen Scheinwerfer sozusagen in Reihe schalten, jeder Scheinwerfer bekommt eine eigene Adresse, so dass mit einer Leitung mehrere Scheinwerfer angesteuert werden können. Bedenken muss man dabei, dass pro Scheinwerfer eben mehrere Kanäle zur Verfügung stehen müssen. Das gibt am Ende eine ganze Menge Kanäle.

Oha. Das hört sich kompliziert an.

Ist es aber gar nicht. Man muss sich natürlich reinarbeiten in das System. Am Anfang sollte man überlegen, wie viele Endgeräte man denn nun wirklich braucht. Sagen wir: Zwölf. Jetzt überlegt man, was man gerne können möchte, also z.B. Fadings, Farbwechsel, vielleicht Strobo oder ähnliches. Für jeden dieser Effekte braucht man einen Kanal zum Ansteuern. Die Endgeräte …

Endgeräte?

… die Scheinwerfer selber meine ich hier. Die müssen natürlich über entsprechende Kanäle (also eigentlich Effekte) verfügen. Je mehr die haben, desto teurer sind sie. Also sagen wir mal, man möchte 6 Effekte pro Scheinwerfer, dann braucht man bei 12 Scheinwerfern insg. 72 Kanäle am Pult. Die heutigen Digitalpulte haben aber viel mehr zur Verfügung. Bei der Produktbeschreibung der Pulte achtet man daher auf Angaben wie: 512 Kanäle für insg. 16 Geräte. Wären pro Gerät dann 32 Kanäle, das reicht locker.
Das nennt man dann übrigens Universum. Pulte können ein, zwei oder mehr Universen haben.

Warum ist das so?

Beispiel: Das Pult soll einerseits für jeweils unterschiedliche und aktuelle Produktionen genutzt werden. Dazu nutzt man dann immer Universum 1. Andererseits hat man aber auch eine oft benötigte Standardsituation, sagen wir: eine regelmäßige Party, eine regelmäßige Session oder dergleichen. Dazu nutzt man dann praktischerweise immer Universum 2, dessen Einstellungen dann eben nicht immer neu eingestellt werden müssen. Man schaltet einfach um. Spart ewig viel Zeit.

Zu was rätst Du?

In den allermeisten Fällen von kleinen und mittleren Bühnensituationen kommt man mit 2 Universen aus. Je mehr Universen ein Pult hat, desto teuer ist es. Man sollte ein nicht zu kompliziertes System wählen, in das man recht schnell auch Gasttechniker einweisen kann.

Brauch ich denn immer ein Pult?

Nein. Die allermeisten Scheinwerfer können auch autonom arbeiten. Die Stromversorgung muss natürlich sichergestellt ein, manche arbeiten auch mit Akkus. Sie spulen vorprogrammierte Programme ab oder leuchten in einer gewählten Farbe. Am Gerät selber gibt es die Möglichkeit, die internen Kanäle anzusteuern. Gut für kleine schnelle Stimmungen und Architekturbeleuchtungen.

Was zeichnet denn einen guten LED-Scheinwerfer aus?

Kurz gesagt: Er sollte vierfarbig sein, R-G-B-W. Er sollte nicht über einen Lüfter gekühlt werde, der macht Lärm, wenn auch wenig. Gute LEDs haben Kühlkörper. Kann man leicht am Gewicht erkennen, sie sind schwerer und auch etwas teurer, lohnt sich aber. Wenn man das Geld nicht hat, dann sollte man die lüftergekühlten Geräte testen, da gibt es große Unterschiede. Die Verarbeitung sollte in jedem Fall robust sein. Ein Feuchtigkeitsschutz ist gut. Wenn man viel Open-Air macht: Regensichere Geräte gibt es auch, die sind dann noch teuer.

Wofür sind die LEDs nicht so gut geeignet?

Kann ich pauschal nicht so sagen. Schwierig ist zum Beispiel ein sehr langsamer Farbwechsel oder sehr langsames Dimmen, da kommt es technikbedingt zu einer Art Flimmern. Je teurer die Geräte sind, desto besser geht das. Am besten, man lässt sich das beim Kauf zeigen. Punktuelle, scharf abgegrenzte Beleuchtungen sind auch schwierig. Da ist der gute alte Fresnellscheinwerfer mit Halogenlampe drin und Klappen dran besser, deswegen: Nicht aussortieren! Ich habe dies Problem aber auch mit LEDs gelöst, es geht, wäre aber zu komplex, das hier auszuführen.

Kann man das irgendwo lernen?

Ja, bei mir. (lacht) Ich gebe demnächst ein Seminar dazu, aber digital – wegen Corona.

Horst, vielen Dank für Deine Zeit.


Foto Beitragsbild: Roman Mensing, artdoc.de