Replik von Gerhart Baum, Vorsitzender des Kulturrates NRW, auf die in zahlreichen Medien am 19.04.2020 veröffentlichte Meldung „Monika Grütters: Hilfe für Kulturszene nachjustieren“.
Frau Grütters kündigt an, die Hilfsmaßnahmen für die Kunst ggf. „nachzujustieren“, bleibt aber jede Konkretisierung schuldig. Sie gibt nicht einmal eine Richtung an. Sie reagiert überhaupt nicht auf die heftigen bundesweiten Proteste aus der Künstlerschaft. Erneut verweist sie darauf, dass Künstler in die Soforthilfe des Bundes von 5o Mrd. einbezogen sind. Das ist falsch. Nur die Künstler mit Betriebsausgaben sind umfasst. Die große Zahl der freiberuflichen Künstler, die mit ihrer persönlichen Leistung Honorare verdienen und damit ihren Lebensunterhalt bestreiten, haben keine Betriebsausgaben. Diesen Personenkreis auf Arbeitslosengeld II zu verweisen, ist keine Lösung. Arbeitslosengeld ist auf die Besonderheiten künstlerischer Tätigkeit überhaupt nicht zugeschnitten. Künstler, die keine festen Verträge haben, sind nicht arbeitslos im Sinne des Arbeitsrechts. Bundeskulturpolitik hätte eine solche Einschränkung nie hinnehmen dürfen, schon angesichts der Tatsache, dass der Solokünstler mit Betriebsausgaben in den Genuss der Soforthilfe kommt. Jetzt hindert der Bundesfinanzminister sogar Länder wie NRW, die die Lücke schließen wollten, das zu tun.
Fazit: Eine umfassende Künstlerförderung in der Krise findet nicht statt. Das entspricht in keiner Weise der Bedeutung der Kunst in einer freiheitlichen Gesellschaft, gerade jetzt in der Krise. Kunst und Kultur sind in ihrer Weise systemrelevant. Kunst ist keine Branche wie jede andere. Ihr „Produkt“ ist einzigartig. Sie ist in besonderer Weise durch das Grundgesetz geschützt. Warum unternimmt Frau Grütters nichts, um hier „nachzujustieren“? Sie verpasst eine große Chance, der Kultur zu helfen.
Ein zweites Versäumnis besteht darin, dass die Bundeskulturpolitik nichts tut, um die Kunst durch einen temporären Nothilfefonds des Bundes jetzt und im Übergang in normalere Zeiten zu stützen. Die Gelegenheit, aus dem für alle Bundesressorts zur Verfügung gestellten Fonds von 60 Mrd. Euro, die Finanzierung einer solchen Nothilfe des Bundes zu finanzieren, wurde bisher nicht genutzt. Zahlreiche Kulturverantwortliche, darunter der Kulturrat in NRW, dessen Vorsitzender ich bin, appellieren an die Bundeskanzlerin, als verantwortliche Ressortministerin für Kultur, an die Staatsministerin für Kultur und an den Kulturausschuss des Bundestags diese Hilfsmöglichkeit zu öffnen, von der andere Ressorts intensiv Gebrauch machen.