Das ist wirklich eine Meldung wert: Der langjährige Geschäftsführer des Kulturzentrums Grend, Johannes „Jonny“ Brackmann, geht nach fast 25 Jahren Ende August in den Ruhestand. Die Nachfolge tritt seit Anfang Mai die 38-jährige Gemma Russo-Bierke an, die seit vergangenem Jahr in Essen wohnt.
„Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, so Brackmann. Der seit vielen Jahren in Steele, in der Stadt, in der Region und auch auf Landesebene umtriebige (noch) Geschäftsführer des Grend freut sich auf den neuen Lebensabschnitt. Trotzdem geht er auch mit gemischten Gefühlen: „Ich werde bestimmt die Kollegen und Kolleginnen aus dem Grend vermissen. Wir haben so viele Jahre zusammengearbeitet, alle soziokulturellen Herausforderungen gemeistert und zusammen ein lebendiges und allseits anerkanntes Kulturzentrum geschaffen“. Neben seiner Leidenschaft als Musiker wird sich Brackmann aber weiter für das internationale Literaturfestival „Literatürk“ engagieren, das er vor 15 Jahren mitbegründet und zusammen mit den beiden Essenerinnen Semra Uzun-Önder und Fatma Uzun zu einem bundesweit beachteten Festival entwickelt hat. Auch seiner Leidenschaft als vielseitiger Musiker kann sich Brackmann nun entspannt widmen.
Brackmann übergibt das Grend mitten in der Corona-Krise an seine Nachfolgerin. „Das war die letzte und zugleich größte Herausforderung, die ich hier erlebt habe. Ich bin aber sicher, dass das Grend auch diese Krise erfolgreich meistern wird“, so seine optimistische Einschätzung.
Auch seine Nachfolgerin ist mitten in die Coronakrise geraten. Die ursprünglich aus Münster stammende studierte Betriebswirtin sieht sich der neuen Aufgabe gewachsen. Sie nimmt die Herausforderung als Chance war: „Die Gestaltung des Generationswechsels im Grend, neue Impulse im Haus und im Stadtteil zu setzen, das Publikum zu verjüngen, das Zentrum weiter zu öffnen für ein diverses Publikum – es gibt jede Menge zu tun und darauf freue ich mich sehr.“ Doch zunächst muss erst einmal die allgegenwärtige Coronakrise bewältigt werden. „Wir starten in den Sommerferien mit einem Open-Air-Programm im Hof des Grend. Mit den aktuellen Lockerungen der bisher strengen Schutz- und Hygieneauflagen hoffen wir ab September wieder auf einen halbwegs normalen Spiel-, Veranstaltungs- und Kursbetrieb“.
Von Mai bis Ende Juli arbeiten Gemma Russo-Bierke und Johannes Brackmann im Grend noch zusammen. „Damit ist eine gute Einarbeitung in die neue und anspruchsvolle Aufgabe gewährleistet und die Zukunft des Grend zumindest in dieser Frage gesichert“, freut sich Johannes Brackmann. Er ist sich sicher, dass seine Nachfolgerin ihren Job gut bewältigen wird: „Frau Russo-Bierke bringt alle Eigenschaften mit, die das Zentrum in dieser Funktion braucht: Hohe Identifikation, Engagement, Leidenschaft, Fach- und Strategiewissen und den Überblick über das Ganze. Wir haben mit ihr eine sehr gute Wahl getroffen.“
Der Generationswechsel geht allerdings weiter. Im kommenden Frühjahr wird sich dann auch die langjährige Geschäftsführerin des Theater Freudenhaus, Conni Sandmann, aus dem Grend in den Ruhestand verabschieden.
Das neue Gesicht des Grend heißt ab September also Gemma Russo-Bierke. „Wir freuen uns sehr auf die zukünftige Zusammenarbeit mit Frau Russo-Bierke und viele gemeinsamen Projekte , die bestimmtschon ganz bald kommen werden“, betonen Vorstand und Team des Grend.
Einzweidrei im Sauseschritt läuft die Zeit. Wir laufen mit.
Wilhelm Busch
Eine Würdigung
Rede zur Verabschiedung von Johannes Brackmann; gehalten von Wenke Seidel (1. Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren NRW e.V.) bei der LAG-Tagung am 04.06.2020
Nun kommen wir – zumindest aus Sicht der Soziokultur – zu einem besonderen (traurigen) Punkt der heutigen Tagesordnung: Wir verabschieden einen jahrzehntelang äußerst engagierter Mitstreiter für die Soziokultur in den Ruhestand.
Lieber Johannes, lieber Jonny, vielen Dank für Deinen Einsatz für die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren.
Johannes Brackmann ist ein echtes Ruhrgebietskind: Du bist in Bottrop geboren und dem Ruhrgebiet immer treu geblieben. Ich habe gehört, dass Du zuerst Chemielaborant gelernt hast und danach (zum Glück der Soziokultur) noch einen Sozialpädagogen gemacht hast. Schon Anfang der 1980er Jahre warst Du dann aktiv bei „Die Werkstatt“ an der Ruhr. „Die Werkstatt“ war auch von Anfang an seit 1982 Mitglied bei der LAG NW – wie die Arbeitsgemeinschaft sich damals nannte.
Seit dem Umzug der Werkstatt weg von der Ruhr ins Grend nach Essen 1996 warst Du dort als Geschäftsführer tätig.
In der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren bist Du seit ungefähr 1993/94 im Arbeitsausschuss aktiv gewesen. Mehr als ein Viertel-Jahrhundert! Damit bist wahrscheinlich eine der Personen, die am längsten im Arbeitsausschuss geblieben sind. Und Du hast – was viele vermutlich nicht wissen – auch die meisten Texte für den Arbeitsauschuss bzw. die Landesarbeitsgemeinschaft verfasst.
Und so habe ich Dich in der LAG und im Arbeitsausschuss auch immer wahrgenommen und sehr schätzten gelernt. Du warst immer unglaublich engagiert, hattest schon ausführliche Antwortmails geschrieben, bevor ich überhaupt die Frage lesen konnte und hast unglaublich viel Wissen. Außerdem bist Du immer ein aufgeschlossener und – das ist einfach großartig – ein unglaublich solidarischer Mensch. Du hast Dich immer gemeinschaftlich für die gute Sache engagiert und das nicht nur in der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur. Sondern Du hast Dich auch z.B. für die freie Szene im Ruhrgebiet eingesetzt und den Kulturbeirat der Stadt Essen über lange Jahre als Mitglied und fast 10 Jahre als Vorsitzender mitgestaltet.
Aber du bist ja nicht nur ein hervorragender Netzwerker, ein Kulturmanager, sondern machst das was Du tust mit Herzblut, denn Du bist selber auch aktiver Musiker. Deine musikalische Karriere begann schon Mitte der 70er Jahre mit der psychedelischen Krautrockgruppe Reaktor 4 (die bis auf einen Auftritt in Essen-Rellinghausen übrigens nie aus Bottrop heraus kam). Aktuell spielst Du als Posaunist aktiv bei den Gruppen Schwarz Rot Atemgold 09 und The Dorf.
Lieber Jonny! Ich kann nur im Namen der Zentren und des Arbeitsausschusses sagen: Vielen, vielen, vielen Dank für Deine Ausdauer, Deine Leidenschaft, Dein Engagement für die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur NRW.
Die Neue Rhein/Neue Ruhr Zeitung schreibt ebenfalls dazu: